Samstag, 15. September 2007

Northern Rock / Interhyp: Die Einschläge kommen immer näher...

Als ich gestern kurz die Schlagzeile zum Britischen Baufinanzierer "Northern Rock" gelesen habe, dachte ich mir "die Einschläge kommen immer näher". Nunja - die Welt hat in ihrem Artikel zu diesem Thema genau diese Schlagzeilen ebenfalls benutzt - und mit diesen Vorkommnissen sollte auch der letzte "Zweifelnde" davon überzeugt werden können, dass die amerikanische Immobilienkrise grössere (und "globalere"!) Auswirkungen haben wird, als uns die Politiker und Banker glauben machen wollen... :o(


14. September 2007, 19:38 Uhr
Von Peter Herkenhoff und Holger Zschäpitz
US-Immobilienkrise
Die Einschläge kommen immer näher
Die Immobilienkrise in den USA hat Europa erreicht. Britische Währungshüter mussten bereits Kollaps des Baufinanzierers Northern Rock abwenden. In Deutschland schockierte Interhyp die Anleger. Deutschen Geldhäuser stehen nun vor der Bewährungsprobe.

Die amerikanische Hypothekenkrise schlägt mit voller Wucht auf Europa durch. In Großbritannien musste die Britische Zentralbank den Hypothekenfinanzierer Northern Rock vor der Pleite retten. Es war die größte Rettungsaktion seit 30 Jahren, um einen Bankenkollaps abzuwenden. In Deutschland wiederum schockierte der Baufinanzierungs-Dienstleister Interhyp die Anleger mit einer Gewinnwarnung. Die Aktien beider Unternehmen brachen daraufhin um zeitweise ein Drittel ein.
„Die Vertrauenskrise weitet sich aus“, sagt Patrizio Pazzaglia, Fondsmanager bei Insinger de Beaufort. „Das Epizentrum des Bebens sind die Störungen im Geldkreislauf.“ Die Schieflage bei Northern Rock löste Schockwellen an den Börsen aus. Insbesondere bei den Finanzwerten kam es zu einem Beben. Hierzulande verlor die Aktie der Postbank in der Spitze sechs Prozent, die Titel der Commerzbank fünf Prozent. Der Deutsche Aktienindex wiederum gab vorübergehend 1,2 Prozent ab.

Northern-Rock-Kunden räumen panikartig ihre Konten
Der Fall Northern Rock ist für viele Experten ein Beleg dafür, dass die US-Immobilienkrise alles andere als vorbei ist und sich auch nicht geografisch begrenzen lässt. Der fünftgrößte britische Immobilienfinanzierer wurde ein Opfer der Vertrauenskrise an den Finanzmärkten. Um flüssig zu bleiben, ist die Bank aus dem Nordosten Englands wie die meisten Geldhäuser auf Kredite anderer Geschäftsbanken angewiesen. Seit jedoch immer mehr US-Institute wegen geplatzter ungesicherter Hypothekenkredite Millionenverluste hinnehmen mussten, herrscht auf dem Geldmarkt ein Klima des Misstrauens. Und so war kein Geld mehr für Northern Rock zu bekommen. In der Folge blieb nur der Weg zur Bank of England.

Viele Kunden des britischen Bankhauses und Baufinanzierers räumten panikartig ihre Konten. Landesweit bildeten sich vor den Filialen am Freitag lange Schlangen. Berichten zufolge kam es in den Geschäften in Newcastle vereinzelt gar zu Schlägereien. „Ich habe mein Gespartes zu einer anderen Bank gebracht“, sagte Northern-Rock-Kunde John Duncan beim Verlassen einer Londoner Filiale. Auch der pensionierte Universitätsprofessor Peter Pye wollte sein Konto fast vollständig leeren. „Ich verliere jetzt die Zinsen für einen Monat, aber es geht hier wirklich um meinen inneren Frieden.“ Die Internetseite des Baufinanzierers war völlig überlastet. Er habe seit sieben Uhr früh vergeblich versucht, an sein Geld zu kommen, sagte Kunde Andrew Murphy.

Wochen der Wahrheit für deutsche Banken
In Deutschland sorgte der Immobilienfinanzierer Interhyp für Unruhe. Der Markt für private Baufinanzierungen leide unter einer Verunsicherung der Verbraucher, die die Nachfrage deutlich eingetrübt habe, begründete das Unternehmen die Rücknahme der eigenen Gewinnprognosen.
Die Verwerfungen haben gerade die deutschen Finanzhäuser ins Rampenlicht gerückt. Viele Experten fürchten eine ganze Welle von Gewinnwarnungen. „Die Deutsche Bank erwirtschaftet zwei Drittel ihrer Erträge im Investmentbanking, also mit dem Aktien- und Anleihehandel, Gebühren aus Neuemissionen sowie der Beratung bei Fusionen und Übernahmen“, sagt Alan Webborn von der Société Générale. Bei der Commerzbank betrage der Anteil immer noch 21 Prozent. Das Geschäft sei in vielen Bereichen zum Erliegen gekommen.

Webborn hat die Deutsche-Bank-Aktie aus Sicherheitsgründen zum Verkauf gestellt und hält nur noch einen Kurs von 77 Euro für gerechtfertigt. Schon bald wird sich offenbaren, welche Opfer die US-Immobilienkrise fordern wird. Carsten Klude von MM Warburg bringt es auf den Punkt: „Es stehen die Wochen der Wahrheit bevor.“