Freitag, 28. September 2007

Immobilienblase: US-Krise nur der Anfang...

Aus der FTD:


Die US-Krise ist nur ein Vorspiel
von Richard Haimann

Die gegenwärtige US-Eigenheimkrise könnte sich als laue Brise erweisen im Vergleich zu dem Sturm, der sich gerade über einigen europäischen Wohnimmobilienmärkten zusammenbraut. Ein weiterer Preiseinbruch bahnt sich bereits an.

Die Morgan-Stanley-Analysten David Miles und Vladimir Pillonca haben ermittelt, dass in Belgien, Dänemark, Griechenland, Großbritannien, Schweden und Spanien die Eigenheimpreise seit 1997 sehr viel stärker gestiegen sind als Lohnzuwächse, Populations- und Zinsentwicklung das nahelegen würden. Im Schnitt, so errechneten die beiden Analysten, betrage die Übertreibung im Preisanstieg in den sechs Ländern stattliche 47 Prozent. Im Vergleich dazu fielen die Wertzuwächse am US-Eigenheimmarkt in den vergangenen zehn Jahren geradezu bescheiden aus.



Die Analysten haben den Wertzuwachs von Eigenheimen und Eigentumswohnungen in Relation zu drei Eckdaten gestellt: der Entwicklung der Einkommen, dem Wachstum der Bevölkerung und dem Auf und Ab der Zinssätze. Fast in Gänze ließ sich der Preisanstieg in den USA mit Lohnzuwächsen, niedrigen Zinsen und steigendem Bevölkerungswachstum erklären - ganz anders als in europäischen Staaten.

All das wird die Kaufkraft der europäischen Verbraucher deutlich schwächen. Betroffen wären davon auch Anleger deutscher Immobilienfonds, die in Einkaufszentren in diesen Ländern investiert sind.

Steigende Zahl von Zwangsversteigerungen
US-Hypothekenbanken haben in den vergangenen Jahren immer mehr Eigenheimdarlehen mit anfänglich niedrigen Zinsraten vergeben an Kreditnehmer niedriger Bonität. Als die Zinsbelastung stieg, konnten diese Käufer die Darlehen nicht mehr bedienen. Um sich vor weiteren Kreditausfällen zu schützen, drehten die Banken den Geldhahn zu. Potenziellen Anschlusskäufern fehlen damit die Finanzierungsmöglichkeiten. Ähnlich entwickelt sich derzeit die Lage an den bislang boomenden europäischen Märkten. In Großbritannien ist die Zahl der Zwangsversteigerungsverfahren im ersten Halbjahr um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum in die Höhe geschnellt, berichtet der britische Hypothekenanbieterverband Council of Mortgage Lenders (CML). Auch in Belgien, Irland und Skandinavien ist die Zahl der Zwangsmaßnahmen deutlich gestiegen.

Besonders kritisch sei die Lage in Spanien, meint Thomas Beyerle, Chefresearcher der Allianz-Immobilientochter Degi. "Hier hat die Spekulationsblase dramatische Ausmaße angenommen." Mehr als 15 Prozent aller Eigenheime und Eigentumswohnungen in Spanien stehen nach einer Studie der Uno-Wohnungsbeauftragten Miloon Kothari derzeit leer, weil Projektentwickler weit über Bedarf gebaut haben. Um bis zu 20 Prozent haben Verkäufer spanischer Immobilien ihre Preisforderungen seit Jahresbeginn reduziert - und dennoch kaum ein Haus losgeschlagen. "Immer mehr Makler schließen ihre Büros, weil es keine Nachfrage mehr gibt", berichtet Manuel Romera, Professor am Institut für Immobilienwirtschaft der Business School Instituto de Empresa in Madrid.

Beunruhigend ist diese Entwicklung nicht nur für jene Banken und Hedge-Fonds, die diese verbrieften Kredite erworben haben. "Auch Anleger, deren Immobilienfonds Shoppingcenter in Spanien und anderen Ländern mit übertriebenen Wertzuwächsen am Eigenheimmarkt erworben haben, müssen sich Sorgen machen", meint der Fondsanalyst Stefan Loipfinger. In den USA zeigt sich dies bereits. Dort hätten die Preise von Einzelhandelsimmobilien in den vergangenen drei Monaten um über 15 Prozent nachgegeben, berichtet der Immobilienbroker Sperry Van Ness.

Beyerle fürchtet, dass die Entwicklung auf der iberischen Halbinsel in einer weiteren Hypothekenkrise münden werde. Denn 97 Prozent aller Baugelddarlehen in Spanien wurden mit variablen Zinssätzen vergeben. Insgesamt rund 700 Mrd. Euro an Hypothekenkrediten haben spanische Banken verbrieft und verkauft. Wegen des Zinsanstiegs haben immer mehr Eigenheimbesitzer Probleme, ihre Darlehen zu bedienen.

"Die Erfahrung lehrt, dass der Konsum jedes Mal drastisch zurückgeht, wenn Blasen an den Wohnimmobilienmärkten platzten", sagt Loipfinger. Rückläufiger Konsum belastet die Wirtschaft, das Wachstum geht zurück und die Gewinne der Unternehmen. Auch die Börsenkurse würden danach leiden.