Dienstag, 25. September 2007

Bankenkrise: Einlagensicherung in der EU

Gefunden bei der Financial Times Deutschland:

Wie die Anleger in Europa vor einem Bankenkollaps geschützt sind
von Tobias Bayer (Frankfurt)
Die Krise um den britischen Hypothekenfinanzierer Northern Rock hat die Sparer tief verunsichert. In vielen Ländern fragen sie sich: Ist mein Geld noch sicher? FTD-Online gibt einen Überblick über Einlagensicherungssysteme in der EU.

Eine britische Tageszeitung titelte entsetzt: "Nur 4,4 Mio. Pfund (6,3 Mio. Euro) in der Kasse des Reservefonds". Höchst beunruhigend, wenn man bedenkt, dass alleine Northern Rock Kundengelder in Höhe von 27 Mrd. Pfund verwaltet. Das Pfund verlor daraufhin deutlich gegenüber dem Dollar.

Doch die Aufregung ist nicht gerechtfertigt: Es ist nichts Neues, dass der britische Reservefonds nur über wenig Geld verfügt. Eine Studie der EU-Kommission kam im August vergangenen Jahres auf ein Volumen von 10,5 Mio. Euro. Der Deckungsgrad - das ist der Quotient aus Größe des Reservefonds und dem Gesamtanlagevolumen - lag laut der Brüsseler Behörde bei verschwindend geringen 0,0006 Prozent. Das Wichtige dabei: Die Größe des Fonds ist allein nicht aussagekräftig, da die Banken im Falle einer Krise Geld nachschießen.

Hier ein Überblick über die Einlagensicherungssystem in der EU-Mitgliedsstaaten:

Wie sehen die Regeln in der EU aus?
Seit 1994 gibt es eine Richtlinie zu den Einlagensicherungssystemen. Diese lässt den Mitgliedsstaaten großen Freiraum bei der konkreten Ausgestaltung. Folgende Standards müssen aber erfüllt sein: Privatanleger, kleine Kapitalgesellschaften und Personengesellschaft sind abgesehen von einigen Ausnahmen auf jeden Fall vor Ausfällen gesichert, der Mindestschutz eines Anlegers liegt bei 20.000 Euro mit einem maximalen Selbstbehalt von zehn Prozent. Derzeit wird die Richtlinie überprüft. Federführend ist dabei das European Forum of Deposit Insurers (EFDI), das 2002 gegründet wurde. Aus Deutschland vertreten sind die drei Bankenverbände und die Sicherungseinrichtungen.

Wie gut sind Einlagen in der EU gesichert?
Die Frage lässt sich nur schwer beantworten. Denn: Es gibt Ex-Ante- und Ex-Post-Systeme. Erstere sind vorfinanziert. Bei letzteren schießen die Banken im Krisenfall Geld nach. 59 Prozent der EU-Mitgliedsländer setzen auf eine Ex-Ante-Finanzierung, darunter auch Deutschland. 22 Prozent auf eine Ex-Post-Finanzierung. Dazu gehören unter anderem Italien und Großbritannien. Der Rest vertraut auf eine Mischung aus beiden Ansätzen. Bei Ex-Ante-Systemen liegt der Deckungsgrad bei durchschnittlich 0,57 Prozent.

Selbst bei Ex-Ante-Systemen kann aus dem Deckungsgrad jedoch nicht geschlossen werden, ob die Einlagen sicher sind oder nicht. Gerät eine Bank in Schieflage, sind nicht gleich alle Vermögenswerte vernichtet. Zum einen gibt es Auffanglösungen, das heißt das angeschlagene Institut wird von einer anderen Branchengröße übernommen. Oder: Im Falle der Liquidation werden bereits einige Forderungen zurückgezahlt. Kommt es zum Zusammenbruch, besteht zudem die Möglichkeit, dass der Reservefonds Fremdkapital aufnimmt.

Wie werden die Sicherungssysteme in den EU-Staaten finanziert?
In den meisten Mitgliedsstaaten bestimmen sich die Beiträge der Banken als fixer Prozentsatz der Einlagensumme. Laut einer EU-Umfrage bewegen sich die Beiträge zwischen 0,0175 Prozent in Belgien und 0,5 Prozent in Bulgarien.

Nur acht Sicherungseinrichtungen (darunter befindet sich auch ein deutscher Reservefonds) berechnen die Beitragszahlung anhand der Ausfallsgefahr der jeweiligen Bank. In Frankreich zum Beispiel wird ein Indikator verwendet, der die Liquidität, die operative Profitabilität und die Fristentransformation berücksichtigt. Fristentransformation ist ein Fachbegriff für eine Grundaufgabe der Banken: Sie nehmen kurzfristige Einlagen von Kunden auf und verleihen das Kapital langfristig. Aus der Zinsdifferenz schöpfen sie ihren Gewinn. Auch Italien wendet ein ähnliches Verfahren an. In Schweden richtig sich die Beitragszahlung nach der Eigenkapitalunterlegung der Banken.

Wie hoch ist der Einlagenschutz in den EU-Mitgliedsländern?
Belgien, Griechenland, Estland, Luxemburg, die Niederlande und Österreich beschränken sich auf den Mindestschutz von 20.000 Euro. Spitzenreiter sind die Italiener, die Einlagen bis in Höhe von 103.291 Euro versichern. In Großbritannien liegt der Wert bei über 51.000 Euro.

Wie funktioniert die Einlagensicherung in Deutschland?
Das Ersparte von deutschen Anlegern ist bis 20.000 Euro zu 90 Prozent durch das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) abgesichert. Darüber hinaus haben sich die Banken zu einer Einlagensicherung verpflichtet, die je nach Sektor unterschiedlich funktioniert.

Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind an sogenannte Einlagensicherungssysteme angeschlossen, die Insolvenzen von vornherein verhindern. Die Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) schützt stets zu 100 Prozent und ohne betragliche Begrenzung.

Im Sicherungssystem der Sparkassen wird ein kriselndes Institut von anderen gestützt, etwa durch Zuschüsse oder Darlehen. Reichen diese nicht aus, greift ein Fonds der Landesbanken und Girozentralen, bei denen eine sogenannte Sicherungsreserve vorgehalten wird. Sind auch diese Reserven erschöpft, setzt ein überregionaler Ausgleich aller Sparkassenstützungsfonds ein. Für Ansprüche, die vor dem 18. Juli 2005 entstanden sind, gilt darüber hinaus die Gewährträgerhaftung durch die öffentlichen Gebietskörperschaften wie Länder, Landkreise und Städte.

Bei Privatbanken sieht die Situation etwas anders aus. Bei ihnen liegt die Sicherungsgrenze bei 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals des jeweiligen Instituts. Für die Deutsche Bank sind das zum Beispiel rund 7,6 Mrd. Euro. Einlagen jedes einzelnen Kunden bis zu dieser Höhe seien somit durch den Sicherungsfonds gedeckt, den die Mitglieder speisen.

Doch Kunden sollten bedenken: Zwar sei die "überwiegende Mehrzahl", jedoch nicht jede private Bank an diesem Sicherungsfonds beteiligt. Ob das Institut, dem man sein Erspartes anvertraut hat, dem Sicherungsfonds angehört und wie hoch die Sicherungsgrenze ist, erfahren Kunden auf der Internetseite des Bankenverbands.