Wie bereits im Post "Bankenkrise: Die Rolle der Notenbanken" geschrieben, haben sich die Zinssätze für Tagesgeld im Interbanken-Markt durch die Liquiditätsspritzen der EZB in den vergangenen Wochen wieder normalisiert. Dazu folgender Artikel aus der Financial Times Deutschland:
EZB saugt 60 Milliarden Liquidität ab
von Tobias Bayer (Frankfurt)
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Zinssatz für ihren Schnelltender bei vier Prozent festgelegt. Damit soll den Banken nach den Stützungsaktionen der Vorwochen überschüssige Liquidität entzogen werden.
Hintergrund des EZB-Schnelltenders ist die inzwischen wieder entspannte Situation auf dem Geldmarkt. In den vergangenen Wochen hatten die Zinssätze für Tagesgeld deutlich über dem Leitzins notiert. Das ist ein Anzeichen, dass sich die Banken wegen möglicher Verluste durch die US-Subprime-Krise gegenseitig misstrauen. Dank großzügiger Liquiditätsspritzen haben die Tagesgeldsätze jedoch deutlich abgenommen. Am Montag war der Satz für Tagesgeld auf 2,97 bis 3,17 Prozent und damit rund einen Prozentpunkt unter dem Leitzins von vier Prozent gesunken. Am Dienstag endet die Mindestreserveperiode.
EZB trotz Zinspause weiter auf Straffungskurs
Die Verwerfungen auf dem Geldmarkt hatten die EZB schon zu einer Zinspause veranlasst. Vergangene Woche hatte die Notenbank den Leitzins bei vier Prozent belassen. Allerdings habe sie nach Worten von Ratsmitglied Jürgen Stark ihren Kurs von Zinserhöhungen nicht aufgegeben. Die Notenbank warte lediglich die Folgen der gegenwärtigen Turbulenzen an den Finanzmärkten ab, sagte Stark einem Bericht der Nachrichtenagentur MNSI vom Dienstag. Die EZB sei gespannt auf Daten, die signalisieren könnten, ob die Turbulenzen das Wachstum bremsen und damit Folgen für die Inflation haben werden, sagte Stark bei einem Treffen des Lions Club in Alzey laut MNSI. "Niemand hat gesagt, dass wir eine weitere Zinserhöhung aufgegeben haben. Dies ist eine abwartende Haltung. Abhängig von neuen Einschätzungen werden wir eine Entscheidung treffen", sagte Stark dem Bericht zufolge.
Augenmerk auf Commercial-Paper-Markt
Im Fokus der Anleger steht der Commercial-Paper-Markt. Diese Woche droht ein Finanzierungsengpass. Rund 130 Mrd. $ dieser kurzfristigen Schuldverschreibungen werden fällig. Das zurückerhaltene Geld wird üblicherweise sofort in neue Papiere investiert, was Beobachter wegen der Nervosität am Markt aber für kaum noch vorstellbar halten.
"Die bevorstehende Umschichtung könnte Turbulenzen auslösen", sagte Jason Trennert, Investmentstratege beim New Yorker Researchhaus Strategas. Auch andere US-Brancheninsider warnen vor negativen Auswirkungen auf die Liquidität im Bankensystem.
Der Commercial-Paper-Markt ist rund 2000 Mrd. $ schwer. Banken und Unternehmen leihen sich so kurzfristig Geld. Die Laufzeiten betragen oft nur Tage oder Wochen. In den vergangenen Jahren sind zunehmend Papiere herausgegeben worden, die auf verbrieften Schulden basieren - Autokrediten, Kreditkartenaußenständen oder Hypotheken.
Letzteres hat dazu geführt, dass riskante Subprime-Baukredite den bisher als liquide und sicher geltenden Markt für Commercial Papers erreicht haben. Verschärft wird die Situation, weil viele Banken Commercial Papers nutzen, um komplex strukturierte Finanzprodukte zu finanzieren. Finden sie keine Investoren für die Schuldverschreibungen, sehen sie sich gezwungen, mehr dieser Produkte in die eigenen Bücher zu nehmen. Damit könnte ihre Kapazität zur Kreditvergabe vermindert und der Kreditmarkt belastet werden.