Sonntag, 4. November 2007

Hamburger Abendblatt: "Die Renaissance des Goldes"

Gefunden bei abendblatt.de (Hervorhebungen von mir hinzugefügt):

Preisexplosion Der Wert des Edelmetalls hat sich allein in diesem Jahr um 18 Prozent erhöht
Die Renaissance des Goldes
Immer mehr Sparer laufen zur Bank und kaufen Barren und Münzen. Die Angst geht um - vor Geldentwertung und Finanzkapriolen. Und eine Ende des Booms ist nicht abzusehen.

Von Volker Mester

Hamburg -

Seit jeher übt Gold eine geradezu magische Anziehungskraft auf die Menschen aus. Inkas, Azteken und Ägypter beschworen ihre Götter mit Opfergaben aus dem gelb schimmernden Metall. Gold galt jahrtausendelang als Symbol und Gradmesser für Reichtum, war aber auch Anlass für Kriege, hat Unzählige ins Unglück gestürzt.

Doch im vorigen Jahrhundert drohte der Glanz zu verblassen. Das Edelmetall schien nicht mehr in die modernen Zeiten zu passen, lässt es sich doch nicht so einfach per Kabel in Sekundenbruchteilen um die Welt schicken wie etwa eine Aktie. 1973 wurde auch die Bindung von Währungen an das Gold endgültig aufgegeben. Nur wenige wollten nicht glauben, dass die Zeit des edlen Metalls wirklich vorbei sein sollte. 1972 schrieb der Publizist Paul C. Martin: "Gold schlägt Geld" - und er sollte zunächst recht behalten. Denn bald darauf kletterte der Goldpreis auf einen historischen Höchststand. Spätestens diese Hausse aber signalisierte, dass Gold nun zu einem Gradmesser für ein anderes Phänomen geworden war: für die Angst. In den Jahren 1979/80 war es die Angst vor dem Wertverlust des Geldes und vor Krieg.

Auf mehr als 800 Dollar je Unze (31,1 Gramm) schoss der Preis des Metalls damals hoch, um dann ebenso steil wieder abzusacken. Doch in den vergangenen Tagen knackte das Metall den alten Rekord wieder. Und auch gestern wurde die Unze lediglich für etwas weniger als 800 Dollar verkauft.

Auch diesmal ist es nicht zuletzt die Angst, die den Goldpreis hochtreibt. "Angesichts der US-Immobilienkrise suchen viele Anleger einen sicheren Hafen", sagte Jörn Quitzau, Analyst bei der Berenberg Bank, dem Abendblatt. Im Juli setzte der eigentliche Gold-Boom ein - zeitgleich mit dem Ausbruch der Hypothekenkrise. "Inzwischen gibt es sogar mehrere potenzielle Krisenherde, zum Beispiel auch die politischen Spannungen im Nordirak", so Quitzau. Eine weitere Triebfeder des Goldpreisanstieges aber sei die Talfahrt des Dollarkurses. "Diese Abhängigkeit zeigt sich am Markt immer wieder: Je schwächer der Dollar wird, um so gefragter wird Gold" - weil die Investoren einen Ausgleich zum Wertverfall ihrer Dollar-Bestände suchen.

Für europäische Anleger, die bereits Gold gekauft haben, bedeutet dieser Zusammenhang aber auch, dass sie von der Verteuerung des Edelmetalls nur stark eingeschränkt profitieren, weil dieses eben in der US-Währung notiert. "Seit Anfang des Jahres ist der Goldpreis auf Dollarbasis um rund 18 Prozent gestiegen, in Euro gerechnet nur um knapp zehn Prozent", erklärt Quitzau.

Doch den Kunden, mit denen Stefan Rose, Leiter des Goldhandels bei der Haspa, täglich zu tun hat, sind ein paar Prozentpunkte nicht so wichtig. "Die Leute sagen mir: ,Ich lese in der Zeitung, was mit den Immobilien in Amerika passiert, dass die Menschen in England vor Bankfilialen Schlange stehen, um ihr Geld abzuziehen'", erzählt Rose. "Gerade in den vergangenen drei, vier Monaten hat die Nachfrage nach Barren und Münzen noch einmal einen deutlichen Schub bekommen. Bei der Menge des verkauften Goldes haben wir das Vorjahresniveau schon jetzt deutlich überschrittenund zum Jahresende zieht das Geschäft üblicherweise noch einmal an, denn Gold wird zu Weihnachten gern verschenkt." Besonders häufig gefragt seien derzeit Barren von 20, 50 oder 100 Gramm und die Krügerrand-Münze von einer Unze. Dabei geht es nicht nur um kleine Summen: "10 000 Euro sind ein gängiger Betrag", sagt Rose. "Geschäfte oberhalb von 100 000 Euro finden regelmäßig statt."
Immer mehr Sparer laufen zur Bank und kaufen Barren und Münzen. Die Angst geht um - vor Geldentwertung und Finanzkapriolen. Und eine Ende des Booms ist nicht abzusehen.

Ein Händler einer anderen Bank berichtet von einem Kunden, der am Tag der Nachricht über die Probleme bei der IKB Bank das komplette Geld auf seinem Girokonto in Gold umtauschte und dieses dann in einen Tresor packte. Nur tiefe Verunsicherung, ja Angst treibt zu solchen Handlungen.

Die Motive dieser Menschen liegen auf der Hand: Währungssysteme und Nationen kamen und gingen, der Wert des Goldes aber blieb. Er blieb deshalb, weil Gold eben nicht beliebig vermehrbar ist. Mühsam war es immer, das glänzende Metall zu fördern. In den vergangenen Jahren sind die Mengen, die in Südafrika, Australien, in den USA, in China und in diversen anderen Ländern ans Licht geholt wurden, sogar zurückgegangen. In Südafrika stößt man auf der Suche nach Goldadern inzwischen in Tiefen von bis zu 4000 Meter vor, in Australien wird der Goldgehalt des Erzes allmählich geringer.

Dem steht eine stetig zunehmende Nachfrage gegenüber - nicht nur getrieben von der Angst professioneller Investoren und Privatpersonen in Amerika und Europa. Maßgeblich für den steigenden Bedarf ist auch der wachsende Wohlstand in der arabischen Welt, schon wegen der hohen Ölpreise, sowie in der gesamten asiatischen Welt. Dort steht Goldschmuck hoch im Kurs, auch als Wertaufbewahrungsmittel.

Kein Wunder, dass vor dem Hintergrund dieser Perspektiven sowohl Quitzau als auch die Haspa weiter steigende Goldpreise erwarten. Manche Analysten sehen sogar schon die Marke von 1000 Dollar je Unze mittelfristig in greifbare Nähe rücken.

Zwar weisen Experten immer wieder darauf hin, dass der Kauf von Gold in physischer Form - also als Barren oder Münzen - zumindest aus Anlagegründen fragwürdig sei. Zu hoch seien die Aufbewahrungskosten, renditedämpfend wirke auch die teils erkleckliche Differenz zwischen Ankauf- und Verkaufspreis. Wenn man schon in Gold investieren wolle, dann doch besser über Zertifikate oder Fonds, die sogar das Währungsrisiko ausschalten können. Andere Anlagespezialisten rechnen vor, dass ein Investment in Gold wegen der fehlenden Verzinsung gar nicht so attraktiv sei, wie es auf den ersten Blick erscheine. Bereinigt um die seit 1979/80 aufgelaufene Inflationsrate müsse der Preis schon auf 2000 Dollar steigen, um auf Basis gleicher Kaufkraft das alte Rekordniveau zu knacken.

Doch für Menschen, denen Sicherheit alles bedeutet, sind das keine Argumente. Wie sagte selbst Alan Greenspan, der legendäre Ex-Chef der US-Notenbank: "Gold repräsentiert immer noch die höchste Zahlungsform der Welt."

erschienen am 3. November 2007

Wissenswertes über Gold
  • Der Name Gold rührt wahrscheinlich von dem indogermanischen Wort "ghel" her. Es bedeutet so viel wie blank, schimmernd, aber auch gelb und glänzend.
  • Gold lässt sich wegen seiner geringen Härte und großen Dehnbarkeit relativ einfach bearbeiten: Nur ein Gramm Gold reicht aus, um daraus einen Draht auf 150 Meter Länge zu ziehen. Außerdem rostet es nicht und ist gegenüber Chemikalien wie Säuren und Laugen sehr beständig.
  • Die bisher weltweit geförderte Menge Gold wird von Experten auf knapp 150 000 Tonnen geschätzt. Würde man daraus einen einzigen Würfel gießen, hätte der Kubus eine Kantenlänge von rund 20 Metern.
  • Ein Würfel Gold mit einer Länge, Breite und Höhe von je 37,3 Zentimetern wiegt eine Tonne.
  • Mehr als 70 Prozent des jährlich weltweit nachgefragten Goldes geht in die Schmuckherstellung. Weitere rund elf Prozent werden in der Industrie verarbeitet, gut 13 Prozent werden zu Anlagezwecken in Münzen- oder Barrenform gegossen.
  • 1972 gingen die Zukunftsforscher des "Club of Rome" davon aus, die bekannten Goldvorräte würden nur noch für neun Jahre ausreichen.
  • Im langjährigen Schnitt werden 15 bis 20 Prozent des weltweiten Goldbedarfs durch Recycling gedeckt. So ist es in Asien und im Nahen Osten nicht unüblich, beim Kauf eines neuen Schmuckstücks ein anderes in Zahlung zu geben. Den nächstgrößeren Anteil des "Altgoldes" liefern elektronische Bauteile aus ausgedienten Computern oder Handys.
  • Die ältesten heute bekannten Schmuckstücke aus Gold entstanden etwa im Jahr 3500 vor Christus. Sie stammen von den Sumerern aus dem Zweistromland, dem heutigen Irak. Als "Erfinder" der Goldmünzen als Zahlungsmittel gilt ein König mit dem Namen Krösus. Er lebte um das Jahr 650 vor Christus in Kleinasien.
  • Das größte Goldlager der Welt befindet sich nicht in Fort Knox, wie viele Menschen meinen, sondern unter den Straßen von Manhattan. Die Adresse: 33 Liberty Street, New York. In einem Tresor im Keller der US-Notenbank lagert ungefähr ein Drittel der weltweiten Goldreserven. Auch der Großteil des Goldes, das der Bundesrepublik Deutschland gehört, ruht dort. Weitere Bestände der deutschen Goldreserven sind bei den Notenbanken Großbritanniens und Frankreichs eingelagert. In Frankfurt, im Keller der Bundesbank, liegen angeblich nur rund zwei Prozent der Gesamtmenge.