Donnerstag, 8. November 2007

FTD: "Erste Rezessionszeichen in Deutschland"

Gefunden bei ftd.de:

Erste Rezessionszeichen in Deutschland
Es scheint ein ehernes Gesetz zu sein: Genau so, wie Aufschwünge am Anfang unterschätzt werden, werden sie am Ende überschätzt.

Demgemäß wird die Wette auf einen fortgesetzten Aufschwung in Deutschland trotz aller günstigen Prognosen langsam riskant. Die Hoffnungen basieren auf zwei Säulen: der Exportnachfrage und einer Inlandsbelebung, getrieben durch - endlich - steigende reale Masseneinkommen im Zuge des Arbeitsmarktaufschwungs und hohe Investitionen, die durch das Auslaufen vorteilhafter Abschreibungsbedingungen belastet, dafür aber durch die Steuerreform und die Firmenrentabilität begünstigt werden sollten. Wenig beachtet sind zudem die Realzinsen, die - anders als in den ersten EWU-Jahren - nun für Deutschland eher niedrig zu sein scheinen, was tatsächlich darauf hoffen lässt, dass die Inlandsnachfrage zur Abwechslung überrascht.


Das Dumme ist, dass die USA trotz ihrer grotesken Makrozahlen vermutlich bereits in der Rezession sind. Und das strahlt nicht nur auf Japan und Westeuropa aus. Mit Ausnahme von Polen, wo der OECD-Indikator indes nichts Gutes verheißt, sind die Geschäftsklimaindikatoren in großen Teilen Osteuropas gepurzelt. Ähnliches gilt für Südkorea und Taiwan. Unterdessen haben etliche Länder mit Immobilienblasen zu kämpfen und sind entsprechend durch die Kreditverknappung gefährdet. Dabei werden allein die USA, Großbritannien, Spanien und Australien heuer ein Leistungsbilanzdefizit von 1000 Mrd. $ aufweisen. Das entspricht 15 Prozent des Dollar-BIP der Bric-Länder, die 2007 übrigens einen Leistungsbilanzüberschuss von 440 Mrd. $ erzielen dürften.

Gefährdete Inlandsbelebung
Für ein Land wie Deutschland, in dem die Exporte 46 Prozent des BIP ausmachen und das einen Außenhandelsüberschuss von 6,6 Prozent des BIP erzielt, kann es da per se eng werden, auch wenn die langsam dramatische Währungsaufwertung - bisher - noch durch fallende Lohnstückkosten abgefedert werden konnte. Das Schlimme ist jedoch, dass die Inlandsnachfrage nach wie vor nicht recht in Schwung gekommen ist, wie neben den Einzelhandelsumsätzen und Bauaufträgen auch die Inlandsindustrieaufträge zeigen, die im September um 0,5 Prozent unter dem Vorjahr lagen. Die Auftragsbücher mögen noch voll sein, aber wie der Oktober-Industrieeinkaufsmanagerindex andeutet, verschlechtert sich die Nachfragesituation zusehends. Hinzu kommt die Verunsicherung der Verbraucher durch steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise. Nicht nur die seit Monaten negative Differenz zwischen lang- und kurzfristigen Zinsen kündet von der Gefahr einer Rezession.

Die Aktienanleger, die den nichtfinanziellen Sektoren ein KGV von 17 zubilligen, weil sie vermuten, dass selbst auf Basis ungeahnter Spitzenmargen 2008 ein weiteres Gewinnplus von 17 Prozent möglich ist, müssen derweil auf einem anderen Stern wohnen, wenn sie den Margendruck nicht erkennen. Den sieht man doch schon daran, dass die Kernimportpreise nun unter dem Vorjahr liegen, während die Kernerzeugerpreise - noch - um 2,5 Prozent steigen. Eine derartige Wettbewerbsverschärfung hat den Dax noch immer durchgerüttelt. Da braucht es nicht mal eine Rezession.