Gefunden bei spiegel.de:
24. November 2007
US-Ökonom warnt vor tiefer Weltwirtschaftskrise
Zahlungssausfälle, Pleiten, Zwangsvollstreckungen: In der US-Kreditkrise steht Bank-Prognosen zufolge das Schlimmste noch bevor. Der US-Ökonom Burda fürchtet gar eine "tiefgreifende Rezession", wie sie die Welt seit Jahrzehnten nicht erlitten hat.
Hamburg/New York - Michael Burda sieht schwarz. Der amerikanische Ökonom ist sich sicher, dass die USA vor wirtschaftlich schweren Zeiten stehen. "Das Land steckt in einem schweren Dilemma. Ich erwarte eine tiefgreifende Rezession", sagt der Professor der Berliner Humboldt-Universität dem SPIEGEL.
Mehr noch: "Wenn die Krise noch bis weit ins kommende Jahr hineinreicht, kann sie Ausmaße annehmen wie bei der Weltwirtschaftskrise in den dreißiger Jahren", sagte Burda.
Auch in den USA selbst mehren sich die Stimmen, die vor einer Eskalation der Probleme warnen. Die Fälle von Zwangsvollstreckungen und Zahlungsausfällen würden nochmals deutlich zunehmen, glauben Bank-Experten.
Bei vielen Hypothekenkrediten stünden schon bald automatische Zinserhöhungen an, die die Zahlungssorgen Hunderttausender Konsumenten verschärfen werden. Allein im nächsten Jahr betreffe dies niedrig besicherte Kredite im Wert von 362 Milliarden Dollar, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Daten der Bank of America.
Neue Abwärtsspirale auf dem Immobilienmarkt droht
US-Hypothekenkredite haben in der Regel nicht - wie meist in Deutschland - einen festen Zinssatz über zehn oder mehr Jahre. Um Kreditnehmer anzulocken, starten sie mit niedrigeren Zinsen, die später automatisch steigen und die monatliche Last deutlich erhöhen. Die meisten der 2008 zur Anpassung anstehenden Kredite laufen zwei Jahre mit zum Beispiel sieben Prozent Zinsen. Bald werden sie auf 9,5 Prozent springen. Für einen typischen Kreditnehmer bedeute das rund 350 Dollar Zusatzbelastung pro Monat, schreibt das "Wall Street Journal".
Die höhere Monatsrate ist für viele nicht mehr zu zahlen. Wegen sinkender Immobilienpreise können diese US-Bürger ihr Haus nur mit hohem Verlust verkaufen - sie bleiben dann auf den Restschulden sitzen. Damit wäre für den Einzelnen - und den gesamten Immobilen- und Kreditmarkt - eine weitere Runde in der Spirale nach unten eingeläutet.
Schätzungen zufolge werden allein in diesem Jahr in den USA 1,35 Millionen Häuser zwangsvollstreckt, weitere 1,44 Millionen 2008 - rund die Hälfte mehr als in den Vorjahren.
Noch im laufenden Quartal stünden laut Bank of America zweitklassige Kredite (subprime) im Wert von 85 Milliarden Dollar zur Zinserhöhung an, noch mal so viele in den ersten drei Monaten 2008. Die Spitze werde dann im zweiten Quartal mit rund 100 Milliarden Dollar erreicht. Hinzu kämen Kredite im Wert von 150 Milliarden Dollar mit nur wenig besseren Sicherheiten.
Schuld an den Kreditausfällen bisher sei meist noch gar nicht der automatische Zinsanstieg gewesen, schreibt das "Wall Street Journal" - sondern eine zu laxe oder gar betrügerische Kreditvergabe. Normalbürger würden erst jetzt wirklich in den Strudel der Probleme geraten.
Die drohende neue Pleite-Welle wird zunehmend ein Thema des laufenden US-Wahlkampfs. Politiker drängen Banken, die Zinssätze vorerst einzufrieren. Einige Finanzinstitute haben dies für bestimmte Kunden bereits getan - die Branche wehrt sich aber gegen einen generellen Aufschub der Zinserhöhungen.