Mittwoch, 21. November 2007

Bankenkrise: "Transparenz ist nur ein Wort"...

Gefunden bei der ftd.de (Hervorhebungen von mir hinzugefügt):

Kommentar
Transparenz ist nur ein Wort
von Angela Maier
Die Banken haben mit ihrer Desinformationspolitik massiv dazu beigetragen, dass die Kreditkrise immer noch andauert. Eine Besserung ist leider nicht in Sicht.

Die Kreditkrise sorgt seit Monaten für eine Flut neuer Nachrichten, ob von Bankchefs, Aufsehern, Zentralbankern, Ratingagenturen oder Aktienanalysten. So heftig prasseln Zahlen, Prognosen und Einschätzungen auf die Kapitalmärkte ein, dass den Überblick zu behalten unmöglich scheint. Zumal viele der berufenen Münder ihre Aussagen ständig revidieren.

Dies ist das untrüglichste Zeichen dafür, dass die seit Juli grassierende Vertrauenskrise noch länger anhalten wird. Denn statt Transparenz liefern viel zu viele Marktteilnehmer nur Desinformation und Verwirrung.

Zum Beispiel Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Der kanzelte Anfang September indirekt die Vorstände der kleinen Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB und der Sachsen LB ab, die sich mit US-Hypotheken zweitklassiger Bonität (Subprime) verspekuliert hatten. Damit suggerierte er dem Markt, dass sein Institut keine Leichen im Keller habe - um wenig später per Fernsehinterview zu verbreiten, auch seine Bank habe Fehler gemacht. Aus Sicht der Anleger eine klare Gewinnwarnung. Anfang Oktober gab es Klarheit: 2,2 Mrd. Euro Abschreibungen, eine verkraftbare Größe. Wenn es dabei bleibt.

Längst sind nicht alle Löcher aufgedeckt
Kaum durchsichtiger agiert Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller. Die Commerzbank und ihre Tochter Eurohypo gaben sich im Sommer optimistisch, ihre Renditeziele 2007 klar zu übertreffen - obwohl die Krise schon in vollem Gang war. Nur 80 Mio. Euro Abschreibungen wurden angekündigt, Gerüchte über größere Löcher dementiert, obwohl sich die Krise an den Märkten zuspitzte. Erst letzte Woche wurde öffentlich, dass die Bank auf Subprime 337 Mio. Euro abschreibt. Und die Eurohypo ihre Zielrendite aufgeben muss.

Originell auch Allianz-Finanzvorstand Paul Achleitner. Er mokierte sich Ende September, einige Institute hätten "offensichtlich an die Alchemie geglaubt. Sie dachten, sie könnten aus Blei Gold machen, wenn sie es außen glänzend anstreichen". Eine zutreffende Analyse. Dennoch musste auch die Tochter Dresdner Bank wegen solcher Praktiken über eine halbe Milliarde abschreiben.

Besonders besorgniserregend: Auch jetzt, vier Monate nach Ausbruch der Krise, kann man sich immer noch nicht auf die Aussagen der Banker verlassen. Wer würde Ackermann seine jüngste Prognose glauben, dass sein Institut im vierten Quartal keine Abschreibungen mehr tätigen muss? Der Aktienkurs spricht eine andere Sprache, und auch mancher Konkurrent. So bekannte die Allianz, dass die Dresdner im Schlussquartal weitere Wertberichtigungen einbuchen muss.

Vielleicht noch schlimmer: Was die Institute an Zahlen vorlegen, ist mit größter Vorsicht zu genießen. Unter Investmentbankern gilt als ausgemacht, dass noch keineswegs alle Löcher aufgedeckt wurden, weder im Aus- noch im Inland. Denn von der Krise ist nicht nur der Markt für US-Subprime-Kredite und damit verbundene strukturierte Produkte betroffen. Das Ende der Kredithausse hat den gesamten Markt für tranchierte und neu verpackte Kredite wie CDOs und CLOs in Mitleidenschaft gezogen - und überall zu drastischem Wertverfall geführt.

Den allerdings spiegeln bislang nur die wenigsten Bankberichte wider. Ausgerechnet das schwer gebeutelte US-Haus Merrill Lynch hat bislang noch die beste Information gegeben: Es listete genau auf, in welche Wertpapiere wie viel investiert wurde, welche Bonitätsnoten diese haben und welche Abschreibungen darauf getätigt wurden. Bei den deutschen Instituten sucht man solche Transparenz vergeblich - auch bei der Deutschen Bank, deren Chef Ackermann diese besonders lautstark einfordert. Nur die Dresdner hat ähnlich wie Merrill dargelegt, welche verbrieften Kredite sie in den Büchern hat und wie viel jeweils wertberichtigt wurde. Commerzbank und Postbank dagegen schrieben nur Subprime-Engagements ab. Während die Postbank die anderen Positionen in strukturierten Produkten zumindest beziffert, tut die Commerzbank nicht mal das. Wer sucht, findet entsprechende Wertminderungen in verringerten Eigenkapitalposten wieder. Details Fehlanzeige.

Vor der eigenen Tür kehren
Noch weniger Informationen gibt es über Institute, die keine Quartalsberichte vorlegen müssen: die deutschen Landesbanken und britische Häuser wie die Royal Bank of Scotland (RBS) oder Barclays. Ihre Strategie ist offenbar: den Kopf einziehen und warten, bis das Gewitter vorbei ist. Doch je länger dieses dauert, desto größere Wertverluste werden die Banken erleiden. Tabula rasa, komplette Transparenz, wie Ackermann und Müller fordern, könnte in der Tat helfen. Aber nicht, wenn die Banker diese nur von der Konkurrenz verlangen, statt vor ihrer Tür zu kehren.

Für die Vertuschung von Bilanzlöchern gibt es allenfalls eine akzeptable Entschuldigung: wenn sich Banken deren Aufdeckung nicht mehr leisten können. Analysten der Citigroup haben 64 europäische Institute untersucht und bei der Deutschen Bank das größte Kapitaldefizit ausgemacht, gefolgt von RBS, Barclays und Commerzbank.

Behielten sie recht, würde dies Ackermanns Schulmeistertum ganz ad absurdum führen.