Dienstag, 16. Oktober 2007

Inflation: zwei Artikel aus der SZ

Gefunden bei der SZ:

Preise laufen davon
Teures Öl, teure Butter, teure Backwaren: Die Verbraucherpreise steigen so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr.

Die Jahresteuerung in Deutschland hat im September den höchsten Stand seit zwei Jahren erreicht. Die Verbraucherpreise zogen im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 Prozent an, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mitteilte.

Damit wurde die vorläufige Schätzung von 2,5 Prozent leicht nach unten korrigiert. Im Juli und August hatte die Inflation jeweils noch 1,9 Prozent betragen. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht die Preisstabilität bei Raten unter zwei Prozent gewahrt. Binnen Monatsfrist erhöhten sich die Verbraucherpreise um 0,1 Prozent.

Ausschlaggebend für den Preisauftrieb ist den Statistikern zufolge die Verteuerung von Kraftstoffen um knapp neun Prozent und Heizöl um gut drei Prozent im Vergleich zum September 2006.

Dabei spielt auch ein sogenannter Basiseffekt eine entscheiden Rolle: Da die Energiepreise vor einem Jahr rückläufig waren, fällt nun ein Anstieg der Preise entsprechend stärker ins Gewicht. Ohne Mineralölprodukte hätte die Teuerung im September bei 2,2 Prozent gelegen.

Lebensmittel und Mineralölprodukte teurer

"Dieser Basiseffekt wird uns auch in den nächsten Monaten noch erhalten bleiben und sich sogar verstärken“, sagte Commerzbank-Volkswirt Matthias Rubisch. Bis April 2008 werde sich die Inflation über zwei Prozent halten, um dann wieder unter diese Marke zu sinken.

Dennoch rechnet die Commerzbank in den kommenden Monaten nicht mit einer Zinserhöhung der EZB, da diese den energiebedingten Preisauftrieb nicht dämpfen werde. Neben den Mineralölprodukten verteuerten sich im September auch Lebensmittel.

Für Butter mussten die Verbraucher gut 43 Prozent mehr ausgeben als vor einem Jahr, Milch war um 13,5 Prozent teurer, Quark kostete knapp 26 Prozent mehr. Auch die Preise für Brot und Brötchen zogen deutlich an. Billiger wurde hingegen Gemüse.

Auch im Monatsvergleich gab es Preissenkungen bei Obst und Gemüse. Nach den Sommerferien wurden auch Pauschalreisen, Hotels und Ferienwohnungen billiger angeboten. Kleidung und Schuhe verteuerten sich dagegen im Vergleich zum August um 3,1 Prozent.



Höchste Inflationsrate seit zwei Jahren
Die Deutschen müssen für ihren Lebensunterhalt deutlich mehr Geld ausgeben als in früheren Jahren. Vor allem die Steigerungen bei Energie- und Lebensmittelpreisen sind dafür verantwortlich.
Von Gerhard Hennemann

Im September erreichten die Verbraucherpreise mit einem Plus von 2,4 Prozent gegenüber 2006 ihren höchsten Stand seit zwei Jahren. Vor allem die Energie- und Lebensmittelpreise treiben die Inflationsrate. Die Ernährungsbranche kündigte eine weitere Verteuerung an.

Öl-, Gas- und Strompreise haben in den vergangenen Monaten maßgeblich zur Beschleunigung der Verbraucherpreisentwicklung in Deutschland beigetragen, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mit.

Dabei sind weitere Erhöhungen noch nicht berücksichtigt. Am Vortag hatte die Ankündigung des Eon-Konzerns Aufsehen erregt, seine Strompreise zu Jahresbeginn 2008 um bis zu zehn Prozent anheben zu wollen; auch der Konkurrent RWE hat Tarifsteigerungen zum Jahreswechsel angekündigt.

Strompreiserhöhungen in hunderten von Fällen

Das Branchenportal Verivox rechnete am Dienstag damit, dass "insgesamt 300 Versorger die Strompreise erhöhen werden".

Laut dem Statistischen Bundesamts überschritten die Konsumentenpreise im vergangenen Monat die Grenze von zwei Prozent, jenseits der die Währungshüter von inflationären Tendenzen und nicht mehr von Preisstabilität sprechen.

Indes halten Fachleute eine baldige Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) als Reaktion darauf für unwahrscheinlich, weil der vorwiegend energiebedingte Preisauftrieb nach ihrer Einschätzung dadurch nicht gedämpft werden kann.

Energiepreiserhöhung besonders belastend

Für die Wiesbadener Statistiker gilt es als erwiesen, dass sich die Verteuerung von Benzin und Diesel um knapp neun Prozent und bei Heizöl um gut drei Prozent in den vergangenen neun Monaten besonders stark im Anstieg der Lebenshaltungskosten niedergeschlagen hat.
Da die Energiepreise im Frühherbst 2006 zurückgingen, falle nun ein Anstieg der Preise entsprechend stärker ins Gewicht. Dieser Effekt werde bewirken, dass die allgemeine Inflationsrate noch bis ins späte Frühjahr 2008 hinein über der Zwei-Prozent-Marke liegen werde.

Bei den Mineralölprodukten zeichnen sich schon wieder neue Preisrekorde ab. So erreichte Dieselkraftstoff am zentralen europäischen Handelsplatz Rotterdam einen neuen Höchststand von 762 Dollar pro Tonne.

Autofahrern drohen neue Preissteigerungen

Auch der in Europa maßgebliche Preis für die Nordsee-Ölsorte Brent erreichte zeitweise einen neuen Höchstwert von 83,96 Dollar pro Barrel (159 Liter). Damit drohen den Autofahrern neue Preissteigerungen. Den Anfang machte bereits am Montagabend Aral mit Aufschlägen von einem Cent bei Super und drei Cent bei Diesel.

Die geplanten Preiserhöhungen der Energiekonzerne riefen weiter Kritik hervor. Eine Sprecherin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung warf Eon und deren Wettbewerbern vor, sie wollten sich nun das von ihren Kunden zurück holen, was ihnen die Bundesnetzagentur in jüngster Vergangenheit an Durchleitungsentgelten gestrichen habe.

Auf der Kölner Ernährungsmesse Anuga sind die Preissteigerungen bei Lebensmittel das Thema Nummer eins. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz stimmten die Spitzenverbände des Einzelhandels, der Ernährungsindustrie und der Landwirtschaft darin überein, dass sich der Preisanstieg bei Lebensmitteln bei etwa zwei Prozent einpendeln werde.

Scharfer Wettbewerb

Trotz spektakulärer Sonderentwicklungen bei einzelnen Produkten (so wurde etwa Butter binnen Jahresfrist um fast 50 Prozent teurer) werde der unverändert scharfe Wettbewerb allerdings bewirken, dass die Lebensmittelpreise in Deutschland deutlich niedriger blieben als anderswo in Europa.

Eine "Panikstimmung" sei deshalb nicht gerechtfertigt, sagte ein Vertreter der Deutschen Ernährungsindustrie.

(SZ vom 17.10.2007)