Gefunden bei der SZ:
"Das hat man noch nie gesehen"
Mit großer Wucht reißt die US-Immobilienkrise hässliche Löcher in die Bilanzen der Banken. Jüngste Beispiele: Citigroup und UBS.
Von Gerd Zitzelsberger
Die US-Immobilienkrise wirkt sich in der Finanzbranche deutlich schlimmer aus als befürchtet. Das sagte Marcel Rohner, Chef der Schweizer Großbank UBS, am Montag bei einer überraschend anberaumten Pressekonferenz. Natürlich habe man Probleme erwartet, und natürlich habe man sich abgesichert.
Aber die Wucht der Krise überrasche: "Das hat man noch nie gesehen", sagte Rohner. UBS reagiert auf die Krise mit Abschreibungen und Wertberichtigungen von nahezu 2,5 Milliarden Euro.
Tatsächlich dürfte die nötige Risikovorsorge noch höher liegen. UBS, eine der zehn größten Banken der Welt, ist mit etwa 16 Milliarden Euro am US-Immobilienmarkt engagiert. Erstmals seit neun Jahren wird das Institut damit Verluste ausweisen - im dritten Quartal, also von Juli bis September, zwischen 370 und 490 Millionen Euro.
"Klare Enttäuschung"
Auch die Citigroup, die größte amerikanische Bank, rechnet für das dritte Quartal mit einem massiven Gewinneinbruch. Das Ergebnis nach Steuern werde um etwa 60 Prozent unter dem Vorjahreswert liegen, teilte der Konzern mit. "Unsere in Aussicht gestellten Ergebnisse sind eine klare Enttäuschung", sagte Vorstandsvorsitzender Charles Prince. Allerdings rechne er für das vierte Quartal, das am Montag begonnen hat, bereits wieder mit einer "Normalisierung".
Nicht alle großen Banken sind jedoch derart stark von der Krise betroffen. So berichtete Credit Suisse, die zweite weltweit tätige Großbank der Schweiz, dass ihr Reingewinn für das dritte Quartal mindestens 600 Millionen Euro betragen werde. Die Aktienmärkte nahmen die schlechten Nachrichten von UBS und Citigroup nach einer Schrecksekunde mit Gelassenheit auf: Bankaktien haben schließlich bereits in den vergangenen Monaten deutlich an Wert verloren.
Die britische Regierung hat unterdessen wegen der Kreditkrise den Schutz der Sparer erheblich verbessert. Ab sofort sind dort Bankguthaben bis zu einem Betrag von umgerechnet 50000 Euro bei einer Bankpleite sicher. Das kündigte Finanzminister Alistair Darling in London an. Vor zwei Wochen war es vor den Schaltern der britischen Hypothekenbank Northern Rock zu Tumulten gekommen, weil Sparer um ihr Geld fürchteten. Die Bank of England hatte schließlich der Bank mit elf Milliarden Euro unter die Arme greifen müssen.
Dreimal so hohe Ausfälle
Ursache der Immobilienkrise ist, dass Banken in den USA über Jahre hinweg auch einkommensschwachen Hauskäufern großzügig Darlehen gaben. Seit 2004 verkauften die Institute in großem Stil und in oftmals komplizierter Verpackung ihre Darlehensforderungen an andere Finanzhäuser auf der ganzen Welt.
Dass nun viele Schuldner ihre Hypotheken nicht mehr bedienen können, schlägt sich daher auch bei europäischen Banken nieder. UBS-Chef Rohner zufolge haben in den Jahren 2000 und 2001, bei der letzten großen Krise im Segment zweitklassiger US-Immobiliendarlehen, die Ausfälle gut fünf Prozent des Kreditvolumens betragen.
Diesmal dürften die Ausfälle zwei- bis dreimal so hoch liegen, sagte der Manager. Klarer werde man erst im Frühjahr sehen: Dann können viele amerikanische Immobilienfinanzierer erstmals seit dem Ausbruch der Krise ihre Zinsen erhöhen. Sie werden dies tun, weil sie selbst inzwischen erheblich mehr für das Geld zahlen müssen und die Kreditrisiken auf Grund der fallenden Hauspreise gestiegen sind. Damit aber werden viele weitere Hauskäufer in Zahlungsschwierigkeiten kommen.
Die großen Verluste bei UBS überraschten die Experten. Analysten hatten statt eines Fehlbetrags 1,8 Milliarden Euro Quartalsgewinn erwartet. Rohner sprach von der "Krise eines Geschäftsbereichs". "Zu sagen, wir hätten nur ein blaues Auge davongetragen, wäre ein Euphemismus", kommentierte er die Ergebniswarnung.
(SZ vom 02.10.2007)