Mittwoch, 24. Oktober 2007

Artikel zum Thema "Forderungsverkauf"

Gefunden bei welt.de:

15. Oktober 2007, 07:55 Uhr
Von Katharina Schneider
Forderungsverkäufe
Wenn der Kredit beim Finanzhai landet
Verbraucherschützer fordern schärfere Regeln bei Forderungsverkäufen. Denn viele Immobilienbesitzer stehen dann vor der Zwangsversteigerung.
Wenn die Finanzierung eines Kredits wackelt, liegt für das Kreditinstitut die Entscheidung nahe, die Forderung an einen Investor zu verkaufen. Damit ist es das Risiko los, kein Geld zurückzubekommen. Doch auch wer als Schuldner immer pünktlich die Raten zahlt, kann nicht sicher gehen, dass die Bank die Forderung über die ganze Laufzeit behält.

Laut einer Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Hamburg (IFF) haben seit 2003 Forderungen in Höhe von 15 Mrd. Euro den Gläubiger gewechselt. Etwa ein Drittel davon sollen nicht "notleidend" gewesen sein, es habe also keine Schwierigkeiten bei der Finanzierung gegeben. Trotzdem wurden sie ohne Zustimmung der Schuldner verkauft. "Das ist ein Verrat am Kunden und verstößt gegen das Bankgeheimnis und den Datenschutz", sagt Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (VZBV). Er fordert, dass die Politik rechtliche Grauzonen beseitigt und verbrauchergerechte Regeln für den Forderungsverkauf schafft. Noch seien nur rund 60 Aufkäufer von Krediten am Markt tätig, laut IFF planen kurzfristig schon 150 weitere den Markteintritt, bis zu 2000 sondierten bereits den deutschen Markt. Das Problem dabei: Die neuen Kreditgeber sind meist keine Banken, sondern überwiegend US-Hedgefonds und ausländische Investoren. Von ihnen bekommt der Kunde keinen Anschlusskredit. Im Gegenteil, sie sind darauf aus, kurzfristig hohe Renditen zu erwirtschaften. Es drohen Kreditkündigungen und willkürliche Zwangsvollstreckungen.
Kathy Thedens aus Negernbötel in Schleswig-Holstein hat genau das erlebt. Gemeinsam mit ihrem Bruder hatte sie einen Immobilienkredit bei der Sparkasse Südholstein aufgenommen, die Raten wurden ordnungsgemäß gezahlt. Ende letzten Jahres bekam sie einen "goodbye-Brief" der Sparkasse mit der Information, dass die Forderung aus ihrem Kredit verkauft worden sei. Sie bot dem neuen Gläubiger an, 95 Prozent der Kreditsumme als Ablöse zu zahlen. Das lehnte der Investor ab und löste die Zwangsversteigerung aus. Mittlerweile hat Thedens eine Interessengemeinschaft gegründet und kämpft dort mit anderen Betroffenen für ihr Recht. "Täglich kommen neue Mitglieder hinzu", sagt sie.
Die Verbraucher in Deutschland sind derzeit mit fast 800 Mrd. Euro Immobilienfinanzierungen bei der Kreditwirtschaft verschuldet. Davon gelten laut IFF 23 Mrd. Euro Forderungen als notleidend und drohen unmittelbar auszufallen.
Um Verbraucher zu schützen, müsse per Gesetz zunächst geklärt werden, wann ein Darlehen offiziell notleidend ist, so Billen. Für einige Juristen sei das schon dann der Fall, wenn sich der Wert der Sicherheit verschlechtert habe. Andere sprechen von einem notleidenden Kredit, wenn das Darlehen gekündigt wurde, kündbar ist oder sich der Schuldner im Verzug befindet.
Meist verkaufen die Banken Forderungen in Paketen. Nicht notleidende Kredite dienen der Aufhübschung. "Jeder von uns kann zu einem Sahnehäubchen eines solchen Kreditpaketes werden", sagt Billen. Mit diesen Darlehen machen die Investoren den meisten Gewinn, denn sie zahlen der Kreditgebenden Bank nur etwa 50 bis 60 Prozent der Kreditsumme. Hat die Bank also eine Forderung von 100.000 Euro, gibt der Aufkäufer ihr beispielsweise 60.000 Euro, beschafft sich die volle Kreditsumme beim Schuldner und macht so 40.000 Euro Gewinn. Auf den ersten Blick scheint die verkaufende Bank dadurch einen Verlust zu machen. Doch mit dem Kreditpaket wird sie auch wirklich notleidende Kredite los. Und die müssen seit den neuen Vorschriften über die Eigenkapitalhinterlegung von Forderungen nach BASEL II teuer finanziert werden. Für die aufkaufenden Kapitalgesellschaften dagegen gilt diese Regel nicht.
Verbraucherschützer fordern, dass nicht notleidende Forderungen, die ohne Zustimmung des Schuldners übertragen wurden, unwirksam sind. Außerdem dürfe das Recht auf Vollstreckung nicht übertragen werden und alle Verkäufe von Krediten müssten an die Finanzaufsicht gemeldet werden.
Nach einem Verkauf der Forderung solle das Institut, bei dem der Kredit abgeschlossen wurde, der alleinige Ansprechpartner für den Kreditnehmer bleiben.
Um bei Vertragsschluss auf Nummer sicher zu gehen, rät Anwalt Julius F. Reiter, ergänzend zum Kreditvertrag von der Bank ein Abtretungsverbot unterschreiben zu lassen. Zusätzlich müsse die Bank garantieren, dass Sicherungsrechte nicht übertragen werden.