Dienstag, 4. Dezember 2007

Kann Paulson's Rettungsplan funktionieren?

... die Meinungen dazu sind eher kritisch. Dazu drei Artikel aus unterschiedlichen Quellen.

Gefunden bei sueddeutsche.de:


04.12.2007 07:00 Uhr
US-Immobilienkrise
Allianz der Hoffnung

Banken und die Regierung wollen den klammen Hausbesitzern in Amerika helfen. Doch das Rettungspaket ist umstritten - und die Krise längst zu einem Thema im Präsidentschaftswahlkampf geworden
Von Nikolaus Piper

Die Zahlen jagen manchen an der Wall Street Schauer über den Rücken: Bei über zwei Millionen zweitklassiger Hypothekendarlehen werden im nächsten Jahr die Zinsen steigen, teils dramatisch. Viele Hausbesitzer werden sich Zins und Tilgung nicht mehr leisten können und mit ihren Zahlungen in Rückstand kommen. Dabei geht es um Kredite von insgesamt 362 Milliarden Dollar, eine Summe, die ungefähr dem Bruttoinlandsprodukt von Dänemark entspricht.

Was mit den kritischen Hypotheken geschieht, ist zu einer Schlüsselfrage für die amerikanische Wirtschaft geworden. An ihr hängt nicht nur das Schicksal von zwei Millionen Familien, sondern auch die Konjunktur des Landes.

Je mehr Familien zahlungsunfähig werden, desto größer sind die Verluste an der Wall Street und desto größer das Risiko, dass die Vereinigten Staaten doch noch in eine Rezession rutschen. Weil dies so ist, hat sich die Regierung George Bush nach monatelangem Zögern jetzt massiv in die Hypothekenfrage eingeschaltet.

Pause bei den Zinsen
Finanzminister Hank Paulson verhandelt mit einer Gruppe von Banken und Wertpapier-Spezialisten über einen Plan, nach dem die Zinsen für bedrängte Schuldner bis zu sieben Jahre lang eingefroren werden sollen. Die Koalition aus Regierung und Finanzbranche trägt den Namen "Allianz Hoffnung jetzt" und wird die Details des Plans noch in dieser Woche veröffentlichen.

Im Zentrum steht dabei ein fragwürdiges Kreditinstrument, das die Geldverleiher besonders 2005 und 2006 millionenfach verkauft haben: Hypotheken mit anpassbarem Zinssatz. Dabei handelte es sich um Hausdarlehen an weniger solvente Kunden, die entsprechend riskant und teuer sind.

Das Besondere daran ist, dass die wahren Kosten verdeckt werden durch eine meist zweijährige Phase, in der die Schuldner nur einen niedrigeren Lockzins zahlen müssen. Wenn der ausläuft, wird der Kredit umso teurer.

Typischerweise beginnt so ein Darlehen bei sieben bis acht Prozent und springt dann auf 9,5 bis elf Prozent, die 30 Jahre lang zu zahlen sind. Hohe Gebühren, die im Falle einer vorzeitigen Kündigung fällig werden, hindern die Kunden daran, zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln.

Solche Kredite haben viele ärmere Familien aufgenommen, besonders Einwanderer aus Lateinamerika. Die Geldverleiher haben die Zinsen mit dem anpassbaren Zinssatz aber auch Kunden aufgedrängt, deren Solvenz eigentlich für eine ganz normale, billigere Hypothek gereicht hätte. Schließlich sind auch Wohlhabende in die Zinsfalle getappt: Sie spekulierten auf weiter steigende Immobilienpreise und kauften Häuser praktisch ohne Eigenkapital, um sie hinterher teurer weiterzuverkaufen. Nun ist die Spekulationsblase geplatzt und die Kreditnehmer verlieren viel Geld.

Bei dem Plan von Finanzminister Paulson und den Banken geht es darum, für bestimmte Familien die Festzinsphase zu verlängern. Dabei sollen möglichst nur jene begünstigt werden, die gerade noch zahlungsfähig sind, die aber durch zwei oder drei Prozentpunkte Zinsunterschied in Not geraten. Ob dies gelingt und wie groß die Gruppe der Begünstigten sein wird, hängt von den noch unveröffentlichten Details des Plans ab.

Bereits jetzt schon ist das Rettungsprojekt an der Wall Street heftig umstritten. Einige Kritiker halten den Plan lediglich für einen Trick, der es den Banken erlaubt, den Tag der Wahrheit hinauszuschieben, an dem sie die Kredite in ihren Büchern abschreiben müssen. Andere halten genau dies für sinnvoll, denn auf diese Weise gewinnen alle Beteiligten Zeit. So oder so wird der Hilfsplan innovativ sein müssen.

Wertpapiere in aller Welt verstreut
Das entscheidende Problem: Die Kredite liegen überwiegend nicht bei den Instituten, die sie einst verkauft haben, sondern wurden in Wertpapiere verwandelt und rund um den Globus verkauft. Es ist daher unmöglich, alle Gläubiger an einen Tisch zu bekommen. Wenn die Großen des Geschäfts, von Citigroup über Countrywide bis zu Wells Fargo, über eine Zinspause reden, verhandeln sie auch über das Geld nicht beteiligter Aktionäre und Investoren.

Hier können schwierige Rechtsfragen auftreten. Entscheidend wird sein, dass die beiden großen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac bei der Allianz mitmachen. Sie haben zusammen ungefähr 15 Prozent aller US-Hypotheken aufgekauft.

Andererseits stehen alle Beteiligten unter großem ökonomischen und politischen Druck. Die Hypothekenkrise ist längst zu einem Thema im Präsidentschaftswahlkampf geworden. Die demokratische Favoritin Hillary Clinton hat weitreichende Eingriffe in den Markt gefordert. Sollte sich die Branche jetzt nicht mit Hank Paulson einigen, dürfte der Kongress eine Reform des Konkursrechts beschließen, die es einzelnen Richtern überlassen würde, für bedrängte Schuldner Zinssenkungen anzuordnen. Vermutlich würde dies für die Finanzbranche wesentlich teurer.

(SZ vom 4.12.2007/sho)


Gefunden bei ftd.de:

Das Kapital
Der verzweifelte Versuch einer Rettung
Der Plan des US-Finanzministeriums, den von Zinserhöhungen bedrohten US-Eigenheimbesitzern aus der Patsche zu helfen, soll den Steuerzahler angeblich nichts kosten. Weitere Themen in diesem Kapital: Investmentbanking in Asien und Randstad/Vedior.

Das Vorhaben "schließt die Aufwendung von Steuergeldern sowohl für die Finanzierung als auch für die Subventionierung von Branchenmitgliedern oder Hauseigentümern aus", so jedenfalls Finanzminister Henry Paulson. Recht so, möchte man rufen. Fragt sich nur, wie die US-Regierung dann das sogenannte Trittbrettfahrerproblem umgehen will. Denn jeder einzelne Hypothekenfinanzierer hat ja einen Anreiz, nur die anderen die Zeche zahlen zu lassen - und dennoch von den vermeintlichen Vorzügen des Hilfsplans zu profitieren. Wenn alle anderen mitmachen, würde das ohnehin helfen, den Hausmarkt, die Wirtschaft, die Zahlungsausfälle, die Risikoprämien sowie die strukturierten Hypothekenverbriefungsmärkte zu stabilisieren, nicht wahr? Jede Bank wird sich da fragen: Warum also selbst mitmachen? Im Gegenteil: Setzt die eigene Hypothekenbank die Zinssätze für ihre Kreditnehmer wie vertraglich vereinbart nach oben, fällt das gesamtwirtschaftlich kaum ins Gewicht. Solange die anderen mitmachen, würde jede einzelne Bank sogar doppelt gewinnen, wenn sie außen vor bleibt.

Da aber jede einzelne Hypothekenbank so denken wird, kann der Plan eigentlich nur zum Scheitern verurteilt sein. Das gilt zumindest dann, wenn man von gesetzlichen Zinsvorgaben und einem entfesselten patriotischen Akt des kollektiven Edelmuts absieht. Es sei denn, der Staat gibt jeder einzelnen Bank eben doch fiskalische Anreize, damit sich die Teilnahme an dem Programm für sie tatsächlich lohnt. So sehr der Staat auch versicherte, dass dies eine einmalige Hilfsaktion sei, bestünde dann allerdings die Gefahr, dass Kreditnehmer und -geber das Signal so auffassen: Langt nur weiter zu, denn im Fall der Fälle steht der Staat für euch ein. Das Ergebnis wäre die Aushebelung des marktwirtschaftlichen Systems - mit weitreichenden Konsequenzen für Wirtschaft, Inflation, Dollar und Aktien.

Gut möglich, dass die Anleger auf derlei Bedenken pfeifen und die Finanzwerte noch einmal suchen, wenn die Details des Rettungsplans "bald" vorgestellt werden. Kluge Anleger sollten sich dann entsinnen, dass die Kreditkrise nicht auf US-Ramschhypotheken beschränkt ist. Die Schulden der US-Wirtschaft belaufen sich auf mehr als 300 Prozent des BIPs. Auf mehr als eine kurzfristige Erholung der Finanzwerte sollte man da nicht hoffen.
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Gefunden bei bloomberg.com:

Paulson Subprime Plan Offers Little Aid, Analysts Say (Update2)
By Jody Shenn

Dec. 3 (Bloomberg) -- U.S. Treasury Secretary Henry Paulson's negotiations with banks to freeze payments on certain subprime home loans will offer little aid to borrowers, Barclays Plc and UBS AG bond analysts say.

Paulson's plan is aimed at borrowers with ``steady incomes and relatively clean payment histories'' who are able to repay adjustable-rate loans only if their payments don't rise, he said today at a conference in Washington. In a later interview, he wouldn't ``put a number'' on how many loans would be affected.

Few homeowners may qualify for the proposed aid and many are likely to default even before rates reset higher, Barclays analysts wrote in a report today.

``The subprime reset plan, as it currently stands, is unlikely to be a big help,'' New York-based Barclays analysts Ajay Rajadhyaksha and Sharon Greenberg wrote.

Most borrowers who would be helped by the plan would have their loans reworked without a coordinated effort, UBS's Thomas Zimmerman wrote Nov. 30. Details of the Paulson proposal haven't been announced.

Subprime loans, given to people with poor or limited credit histories or high debt, typically offer a low introductory rate for the first two or three years. The rate then resets for the duration of the mortgage, usually 30 years. About 100,000 such loans will reset each month over the next two years, UBS says.

Servicers, the companies in charge of managing outstanding mortgages, won't necessarily do as many modifications as they should without government intervention, said Larry Litton Jr., president of Litton Loan Servicing LP in Houston.

`Part of the Crowd'
``There continues to be apprehension in the servicing world'' about whether modifying loans in securities before borrowers turn delinquent will lead to accounting problems or investor lawsuits, he said. ``Now, you're part of the crowd.''

His company, which oversees $46 billion of subprime or delinquent loans, modified 4,500 mortgages last month, including 2,000 whose borrowers were current. Litton's company is being sold by Credit-Based Asset Servicing and Securitization LLC for about to an unidentified buyer.

Only 12 percent of all securitized subprime adjustable-rate loans in California would qualify for fixed payments under a similar agreement between the state and four mortgage servicers last month, the Barclays analysts wrote, based on an announcement saying the deal applies to borrowers who occupy homes, have been making on-time payments and can't afford higher rates.

Home Price Declines
Assuming that half of subprime balances default or are repaid before rate resets, another 30 percent of borrowers don't qualify because they've missed payments and 20 percent of modified loans eventually default anyway, the Paulson plan only eliminate losses of 60 cents per $100 of subprime loans, versus a total that may be as high as $18 to $20, they wrote.

The extent of home price declines and economic conditions will have a ``far greater impact'' on the rates of loan modifications and foreclosures, wrote UBS's Zimmerman, who is also based in New York.

``I think it's lip service and essentially not meaningful,'' said Michael Burry, president of Cupertino, California-based hedge-fund firm Scion Capital LLC, which manages about $1 billion. ``It will only help those who don't need to be helped.''

Scion's Value Fund gained 85 percent during the first nine months of 2007, helped by bets that subprime-mortgage defaults would rise, according to an Oct. 17 investor letter.

California's agreement with servicers including Litton and Countrywide Financial Corp. was ``only incrementally new news'' because it leaves the details of which borrowers qualify to loan servicers, New York-based Credit Suisse Group analysts led by Rod Dubitsky wrote in a Nov. 30 report.

Regulatory Pressure
If the Treasury plan lays out specific details regarding which borrowers should qualify, ``it should significantly reduce modification cost,'' potentially encouraging more loan reworking, they wrote. Regulatory pressure may also prod a ``minimal'' increase in loan modifications, UBS's Zimmerman said.

``The only way to ensure a major increase in modifications is for the Federal government to impose a massive, wholesale modification, but that would call into question the sanctity of the legal documents of securitization,'' he wrote. ``From all reports no one is seriously considering such an approach.''

For less-senior classes of bonds created in securitizations of subprime mortgages, any potential reduction in losses from government-sponsored modifications probably won't be enough, Deutsche Bank AG analysts including Karen Weaver and Anthony Thompson wrote in a report today.

Collateralized Debt Obligations
``No amount of government intervention less a complete bailout will save'' subprime-mortgage bonds that originally carried low-investment-grade ratings, they wrote.

Such bonds serve as the holdings of a type of collateralized debt obligation that accounts for about half of the $650 billion of the asset-backed-bond CDO market, the largest source of losses for banks. Higher-rated bonds from those CDOs also account for some of the holdings of other categories of CDOs, which repackage assets such as mortgage bonds and buyout loans into new securities with varying risks.

Modifying loans too aggressively may harm mortgage-bond investors more than it helps them, and not just because the action may reduce payments from borrowers who don't need the help, said David Stevens, head of a home-lending venture for Fairfax, Virginia-based realty firm Long & Foster Cos.

``In more cases than not, you're either deferring a problem that will end up being more costly'' because of declining home prices or issues that can't be cured, or cutting borrower payments unnecessarily, said Stevens, who once held executive roles at a servicer purchased last year by Charlotte, North Carolina-based Wachovia Corp.

To contact the reporter on this story: Jody Shenn in New York at jshenn@bloomberg.net
Last Updated: December 3, 2007 18:10 EST