Mittwoch, 12. Dezember 2007

FAZ: "SachsenLB droht die Schließung"

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Finanzkrise in Sachsen
Der Landesbank droht die Schließung

Von Christian Geinitz

11. Dezember 2007
Die krisengeschüttelte Sachsen LB steht offenbar vor dem Ende, falls die Verkaufsverhandlungen mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) am Wochenende scheitern. Aus Sachsen hieß es am Dienstag, der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Jochen Sanio, drohe mit der Schließung der einzigen ostdeutschen Landesbank, wenn sich die Beteiligten nicht bis Sonntag über die Risiken in den gefährdeten außerbilanziellen Engagements einigen. „Sanio hat gesagt, dann zieht er den Schlüssel“, sagte ein Verhandlungsteilnehmer. Die Bafin mit Sitz in Bonn wollte die Fristsetzung nicht bestätigen. Sachsens Finanzminister Tillich (CDU) sagte: „In Bonn ist uns gesagt worden, dass wir uns bis Sonntag zu einigen haben. Alles andere wird dann zu entscheiden sein durch die Bankenaufsicht.“

In einer Grundlagenvereinbarung hatten die LBBW und das Land Sachsen als bisheriger Mehrheitseigentümer nach einer Liquiditätskrise im August den Verkauf der Sachsen LB zum 1. Januar vereinbart. In einem ersten Schritt hatte die LBBW 250 Millionen Euro an Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Seitdem führt die LBBW die Bank treuhänderisch und prüft ihre Bilanzen. Bis Jahresende wollte man nach Sichtung der Vermögenswerte und Risiken einen Kaufpreis vereinbaren, der zwischen 300 und 900 Millionen Euro betragen sollte. Die Unstimmigkeiten zwischen den Sachsen und den Baden-Württembergern entzünden sich jetzt an der Bewertung und vor allem der Übernahme der Risiken.

Freistaat soll mit einem Viertel des Haushalts bürgen
Die LBBW hat fragwürdige Engagements der Bank und ihrer irischen Tochtergesellschaft Sachsen LB Europe in Höhe von etwa 43 Milliarden Euro ermittelt. Wegen Fehlspekulationen am amerikanischen Immobilienmarkt fürchtet man hier Ausfälle in bisher unbekannter Höhe. Die LBBW will die Sachsen LB deshalb nur übernehmen, wenn der Freistaat Sachsen für die möglichen Ausfälle in Höhe von mindestens 10 Prozent oder 4,3 Milliarden Euro bürgt. Das entspricht mehr als einem Viertel des sächsischen Landeshaushalts. Träte die Zahlungspflicht ein, würde sich die Pro-Kopf-Verschuldung des kleinen Bundeslandes um etwa 1000 Euro auf 4800 Euro erhöhen.

Finanzminister Tillich sagte, die LBBW wolle alle Engagements in einem neuen Gesamtfonds bündeln, für den allein Sachsen einstehen solle; eine „Lastenteilung“ sähen die Württemberger nicht vor. Dass Sachsen die Ausfälle, wie in den vergangenen Tagen von den Stuttgartern gefordert, allein besichere, sei jedoch „absolut unmöglich“, sagte der Minister. Er könne nicht erkennen, warum die LBBW nicht in der Lage sei, sich an der Abschirmung zu beteiligen. Die Möglichkeiten und Risiken der Sachsen LB gemeinsam zu schultern, entspreche dem Wesen der Grundlagenvereinbarung und sei im Interesse des Finanzplatzes Deutschland.

Einigungszwang könnte Lösung bringen
Trotz der Unstimmigkeiten rechnet die sächsische Staatsregierung nicht damit, dass die Stuttgarter von dem Vertrag zurücktreten. Das sei gemäß der Grundlagenvereinbarung nur möglich, wenn die Kerneigenkapitalquote weniger als 4 Prozent betrage. Sie sei aber höher, versicherte Tillich, ohne Zahlen zu nennen. Trotz der Verhandlungen vom Wochenende und vom Montag, die offenbar ins Stocken geraten sind, zeigte sich der Minister zuversichtlich, bis Sonntag eine Lösung zu finden. „Es besteht Einigungszwang“, sagte er.

Offenbar hofft man, im Falle einer grundsätzlichen Übereinkunft weitere Finanzeinrichtungen zur Besicherung des Sammelfonds von 43 Milliarden Euro zu gewinnen. So ist an eine Beteiligung der sogenannten Sicherungsreserve der Landesbanken gedacht. Es gab bereits Gespräche mit dem Sparkassen- und Giroverband und mit der Bundesregierung.

Beteiligte sagten, die genannten 4,3 Milliarden könnten möglicherweise nicht ausreichen, um das neue gebündelte Finanzprodukt am Markt unterzubringen. Angesichts der weiterhin unsicheren Marktlage und der wachsenden Wertberichtigungen in anderen Banken könnten Investoren nur gewonnen werden, wenn 20 oder 25 Prozent der Summe von der öffentlichen Hand besichert würden; das wären bis zu 10,75 Milliarden Euro.

Text: F.A.Z.
Bildmaterial: picture-alliance/ dpa