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Banken reißen sich um EZB-Geld
von Yasmin Osman und Doris Grass (Frankfurt)
Die Banken der Eurozone haben für Notenbankgeld so hohe Aufschläge wie noch nie geboten. Die Institute kamen bei der Auktion von Dreimonatsgeld der Europäische Zentralbank (EZB) im Durchschnitt bei einem Zinssatz von 4,88 Prozent zum Zuge.
Das war das höchste Niveau seit November 2000 und deutlich mehr als Marktteilnehmer erwartet hatten. Deren Prognose lag laut einer Reuters-Umfrage bei 4,79 Prozent. Händler machten für die hohe Nachfrage die durch die Kreditkrise bedingte Nervosität sowie das nahende Jahresende verantwortlich. Langfristige Mittel sind bei den Banken derzeit gefragt, weil das Jahresende naht, zu dem sie ein bestimmtes Liquiditätspolster benötigen. Wie gefragt die Mittel sind zeigen die hohen Renditeabstände zwischen Geldern, die noch in diesem Jahr fällig sind und Mitteln, die erst im Januar zurückgezahlt werden müssen: Die Spanne beträgt 0,85 Prozentpunkte.
Insgesamt teilte die EZB langfristige Liquidität im Volumen von 60 Mrd. Euro zu - Banken hatten Bietungen im Umfang von 105,1 Mrd. Euro eingereicht. Zugleich entzog sie 21 Mrd. Euro überschüssige Mittel am Tagesgeldmarkt. Beim regulären Wochentender verlieh die EZB rund 35 Mrd. Euro mehr als benötigt wurde. Der Satz für dreimonatige Euro-Ausleihungen unter Banken (Euribor) kletterte den 20. Tag in Folge auf 4,93 Prozent. Die Differenz zum Leitzins liegt damit auf Rekordniveau. Mit Spannung schaut der Markt nun nächste Woche auf den Zwei-Wochen-Tender der EZB, der ebenfalls über den Jahresschluss hinausreicht. "Es wird eine breite Bietungsspanne erwartet", sagte Jochen Teichmann, Geldhändler bei der DZ Bank.
Die Anleihekurse beendeten vor der US-Notenbanksitzung eine mehrtägige Verlustphase. Händler begründeten dies mit der Vorfreude auf die erwartete US-Zinssenkung. Auch das unerwartet schwache Ergebnis des ZEW-Index habe die Bondkurse gestützt, sagte der Nomura-Zinsstratege Charles Diebel.
Der Index, der die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten abbildet, war im Dezember unerwartet stark gefallen. "Bei einigen Marktteilnehmern hat auch die Hoffnung eine Rolle gespielt, die Fed könnte stärker als erwartet die Zinsen senken", sagte Ralf Preusser, Rentenstratege der Deutschen Bank. Der Bund-Future stieg bis 19 Uhr MEZ um 12 Stellen auf 113,64 Punkte.
Am Devisenmarkt geriet wegen des ZEW-Indexes zunächst der Euro unter Druck. Danach setzte sich eine positivere Stimmung durch. "Dazu haben die Nachrichten von Staatsfonds beigetragen, die bei UBS und Citi eingestiegen sind und auch die Aussicht auf eine Fed-Zinssenkung", sagte Ian Stannard, Devisenstratege von BNP Paribas. Niedrigzinswährungen wie Yen und Schweizer Franken gerieten unter Druck.
Aus der FTD vom 12.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland