Sonntag, 19. August 2007

Grundlagen: CDOs, MBS und zweitklassige Kredite

Bei spiegel-online.de gibt es einen recht guten Artikel, in dem die Vorgänge in der Finanzwelt im Zusammenhang mit zweitklassigen Krediten beschrieben ist: wie kann es sein, dass beim Platzen einer Immobilien-Blase in Amerika plötzlich in Deutschland von einer Bankenkrise gesprochen wird und bis dato sogar zwei Banken tatsächlich so sehr in Probleme geraten sind, dass ein Konsortium aus anderen Banken zur Rettung einspringen musste?

Wenn man sich den Artikel durchliest, wird einiges klarer... Auszüge sind nachfolgend aufgeführt:

...

Was genau ist geschehen?

...
Hypothekenbanken in den USA haben auch zahlungsschwachen Schuldnern beim Kauf von Häusern und Wohnungen ermöglicht, bis zu 100 Prozent des Immobilienwertes zu borgen.

Oft war der Zinssatz anfangs niedrig, in der Regel gleitet er aber und orientiert sich an der Zinsrate der Tagesgelder der Fed (der prime rate). Diese ist in der Zwischenzeit auf 5,25 Prozent gestiegen. Viele Amerikaner, die Immobilien auf Pump erworben haben, stürzt das in akute Zahlungsnöte. In der Folge ist der Markt für subprime lending in die Krise gerutscht. Hypothekenbanken, die sich auf das Segment spezialisiert hatten, gerieten in Schwierigkeiten.

Warum aber hat das riskante subprime-Geschäft in den USA überhaupt eine Dimension annehmen können, die sich nun als maßlos übertrieben erweist? Das hängt damit zusammen, dass die Hypothekenbanken ihre Kredite als Sicherheit für Wertpapiere benutzen und diese weiterverkauften. Durch diese mortgage-backed securities (MBS) lässt sich das Kreditrisiko an andere Akteure auf dem Finanzmarkt weiterreichen. Dies vermindert den Anreiz, die Bonität der Kreditnehmer kritisch zu prüfen.


Fassen wir bis hierher also mal zusammen:
  • viele Hypothekenbanken in den USA haben sich darauf spezialisiert, Kredite an Schuldnern mit schlechter Bonität auszugeben
  • diese Kredite sind i.d.R. variabel verzinst und orientieren sich an den Zinssätzen für Tagesgeld der FED (prime rates)
  • die Zinssätze für Tagesgeld stiegen in den vergangenen Monaten / Jahren kontinuierlich, was mit ein Grund war, dass immer mehr Kreditnehmer mit den Rückzahlungen der Kredite in Schwierigkeit geraten sind
  • Zahlungsausfälle durch die Schuldner bringen aber wiederum die Kreditgeber Schwierigkeiten, die im Extremfall die Häuser Zwangsversteigern müssen und in einem Markt mit fallenden Immobilienpreisen nur einen Teil der ursprünglichen Kreditsumme eintreiben können.
  • die Hypothekenbanken ihrerseits haben die Kredite als Sicherheiten für Wertpapiere weiterverkauft - sogenannte "Mortgage Backed Securities" (MBS).
So geht es dann weiter:

Die perfekte Blase

Investmentbanken erwerben hypothekenbesicherte Wertpapiere, bündeln sie und verkaufen sie ihrerseits weiter - in Form von Tranchen von Anrechtsscheinen mit mal größerem, mal kleinerem Risiko. Diese Tranchen werden CDOs genannt, was für collateralized debt obligations steht, also für eine Art von forderungsbesicherten Wertpapieren. Diejenigen Tranchen mit dem größten Ausfallrisiko versprechen im günstigen Fall auch die höchsten Renditen.

...

Das trägt Züge eines Glücksspiels: Wenn die Immobilienpreise nach oben gehen, bewahrt dies die US-Privathaushalte mit geringer Bonität vor Pleiten - und die CDOs werden zu sicheren Anlagen mit hohen Erträgen. Wenn die Immobilienpreise aber sinken, wird das Geschäft gefährlich. Der Kauf von CDOs ist auch insofern riskant, als sie nur selten und von wenigen Akteuren auf dem Finanzmarkt gehandelt werden. Damit lässt sich schwer ermitteln, wie hoch der Wert der CDOs realistischerweise sein sollte.


Investmentbanken an der Wallstreet erwerben also die o.g. mortgage backed securities, bündeln sie neu mit sowohl "guten" als auch "schlechten" Krediten zu sogenannten collaterilzed debt obligations (CDOs) und verkaufen diese wiederum weiter - an andere Banken, (Hedge-) Fonds etc. weltweit.

Das Problem bei dieser Sache:

  • der Markt für CDOs ist sehr illiquide => nur wenige Akteure sind am Markt tätig
  • dadurch lässt sich nur schwer ein "echter" Wert für diese CDOs ermitteln: wo kein potentieller Käufer ist der (Markt-) Wert eines Produkts eigentlich "Null"
Die letzten Schritte zur Blase:

Erst recht bedrohlich wird es, wenn die Hedgefonds zu Finanzierungsbanken gehen, etwa zu Merrill Lynch, Citigroup oder der Deutschen Bank, und Kredite aufnehmen wollen. Als "Sicherheit" bieten die Hedgefonds ihre Portfolios mit den oft hoch riskanten CDOs. Die Banken erfüllen die Kreditwünsche mit billigem Geld, das sie sich zum Beispiel in Japan mit 0,5 Prozent Verzinsung beschafft haben (damit ist dann auch noch das Risiko von Wechselkursschwankungen verbunden).

Nun ist die Spekulationsblase perfekt. Die Hedgefonds kaufen noch mehr CDOs, dadurch steigt deren scheinbarer Wert. Die Finanzierungsbanken geben noch mehr Kredite. Andere Banken wollen auch in den lukrativen Markt einsteigen. Und die Hypothekenbanken im subprime-Sektor gewinnen weitere Anreize, mehr und mehr ungeprüfte Kredite an zahlungsschwache Haushalte zu vergeben.



Die hier beschriebenen Abläufe sind in Wahrheit um einiges komplizierter - so stehen zwischen dem Verkauf der CDOs und MBS noch Einstufungen bzgl. Qualität der Papiere von Ratingagenturen. Es dürfte aber klar werden, dass zum aktuellen Zeitpunkt eine Einschätzung, ob - und wenn ja, welche Wertverluste aus dieser Krise aufgetreten sind, bzw. auftreten werden, recht schwierig ist, da
  • durch das vermischen und bündeln der MBS zu CDOs niemand weiss, welche Kredite man nun eigentlich in seinen Päckchen hat und
  • der Markt für CDOs zur Zeit nahezu ausgetrocknet ist, d.h. Banken und Fondsgesellschaften sitzen auf ihren CDOs und bekommen sie nicht los, weil kein Akteur in der Finanzwelt solche Produkte zur Zeit anfasst
Auch den Hinweis, den ich gerade am Anfang der krise immer wieder gelesen habe, dass Bank xyz zwar im subprime Markt engagiert ist, man aber nur Papiere mit hohem Rating (z.B. "AAA") im Portfolio hat stimmt mich genau aus den o,.g. Punkten nachdenklich:
Was bringt mir ein CDO-Paket mit "AAA"-Rating, wenn ich keinen Käufer dafür finde - und wenn, dann nur zu indiskutablen Preisen?

Meiner Meinung nach werden wir noch weitere subprime-Leichen in den kommenden Wochen und Monaten sehen...